- 3 Schritte, um im Zeitalter der künstlichen Intelligenz dabei zu sein -
Künstliche Intelligenz ist – ähnlich der Digitalisierung – nicht einfach nur eine neue Erfindung. Künstliche Intelligenz ist eine der größten technologischen Fortschritte der Menschheit, größer als die Dampfmaschine (McKinsey, 2018) und in Ihrer Reichweite fast nur vergleichbar mit der Entdeckung der Elektrizität (Andrew Ng).
Und wie es zu Beginn einer solchen technologischen Revolution ist – man vergleiche das Internet – ist es sehr schwer abzuschätzen, wie genau sich diese Technologie auf Unternehmen, Märkte und die Gesellschaft mittel- und langfristig auswirken wird (vgl. Artikel Nr. 1: KI – Auf in eine neue Zeit!). Allerdings erscheint es bei Kenntnis der Potenziale künstlicher Intelligenz doch sehr wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten schrittweise sehr viel von dem auf unseren Straßen, in unseren Büros und den eigenen vier Wänden als Normalität ansehen werden, was bislang nur dem Science Fiction Genre in Wort und Bild vorbehalten war.
Weder als privater Mensch noch als Unternehmen muss man bei dieser Aussicht in Panik verfallen. Jedoch sollte man sich durchaus darüber im Klaren sein, dass KI in jedem Teilbereich von Gesellschaft und Wirtschaft sehr fundamentale Veränderungen bereithalten kann und wird. Berücksichtigt man dann noch, dass die Geschwindigkeit des Auftretens und Etablierung neuer innovativer Produkte, Geschäftsideen oder Produktionsverfahren durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und die Methoden agiler Umsetzung seit Beginn des 21. Jahrhunderts rasant zugenommen hat (Stichwort „time to market“) wird auch klar, dass man es sich als Unternehmen, egal welcher Größenordnung besser heute als morgen zur Aufgabe stellen sollte, die Potenziale künstlicher Intelligenz – Chancen und Risiken – frühzeitig kennen zu lernen.
Die primären Risiken ergeben sich dabei vor allem von Seiten Markt und Wettbewerb, denn das Potenzial „disruptiver Innovationen“, also solcher, die das eigene Geschäftsmodell trotz starker Marktstellung sehr plötzlich und nachhaltig durch neue bessere Angebote gefährden können, ist sehr groß (vgl. Nokia Beispiel nach Auftreten von Smartphones). Noch mehr als die allgemeine Digitalisierung schafft hier die Technologie der künstlichen Intelligenz weitreichende Möglichkeiten für solche plötzlichen, aber dennoch nachhaltigen Umwälzungen des Marktes.
Um diese - heute noch wenig greifbaren - Risiken frühzeitig zu erkennen und andererseits die Chancen zu nutzen, die sich aus KI für die eigene Organisation und das eigene Angebot ergeben, bietet sich eine Herangehensweise in 3 Phasen an, welche durch ein gezieltes und agiles Vorgehen dauerhaft das Thema im Unternehmen etablieren soll.
3 Phasen der KI-Adaptierung
Ein Vorgehen in 3 Phasen liegt deswegen bei diesem Thema sehr nahe, da bereits seit einigen Jahren ein großer Markt für künstliche Intelligenz besteht, in dem sich vor allem die ganz großen der digitalen Revolution – die Googles, Amazons und IBMs – mit zweistelligen Milliardeninvestitionen tummeln. Diese sind es damit auch, die die Künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts für alle anderen Unternehmen jeglicher Größe, Branche und Digitalisierungsgrad zugänglich machen.
Google ist keine Suchmaschine. Google ist eine künstliche Intelligenz. Larry Page - Google Gründer
Das bedeutet zum einen, dass heute schon viele Anwendungen existieren, die in allen Bereichen der Organisation, Administration und Produktion bereits große Effizienz- oder Qualitätssteigerungen erzielen können. (vgl. Phase II.1) Andererseits ermöglicht es die Entwicklungsarbeit dieser Big Player nun auch, deren Ressourcen und Angebote in Anspruch zu nehmen, um im Rahmen der eigenen Produktentwicklung oder des Business Developments, eigene Ansätze für Nutzung und Einsatz von KI zu entwickeln (vgl. Phase II.2). Begrifflich bedeutet letzteres vor allem Entwicklungen im Rahmen des maschinellen Lernens (Machine Learning), dem Deep Learning künstlicher neuronaler Netze sowie Entwicklungen im Rahmen der Text-, Sprach- und Bildverarbeitung.
Ein solches Vorgehen eignet sich grundsätzlich für alle Branchen und Unternehmen, sei es Produktion oder Dienstleistungen, B2C oder B2B, globaler Konzern oder Kleinunternehmen, Schwerindustrie oder Feinmechanik, voll digitalisierte Unternehmen oder auch solche, die mit diesen Bemühungen noch am Anfang stehen.
Kein Bereich des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens wird von der KI-Technologie unberührt bleiben. Wichtig ist deshalb heute schon für jedes Unternehmen, sich ein ganzheitliches Bild der Möglichkeiten künstlicher Intelligenz für die eigene Organisation und das eigene Angebot zu machen. Dies soll unter anderem Aufgabe der Phase I sein.[1]
Phase I: Übersicht – Grundlagen – Planung
Überblick verschaffen
Unabhängig davon, ob Teile des Unternehmens bereits KI-Technologien anwenden, die Bandbreite der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten ist bereits heute so groß, dass es wichtig ist, der eigenen Organisation auf breiter Basis einen gut strukturierten Überblick der vielfältigen Potenziale zu verschaffen.
Dazu gehört einerseits, die diversen Technologien einer heterogen besetzten Gruppe aus Vertretern verschiedener Abteilungen, Hierarchie- und Senioritätsstufen nahezubringen. Diese Heterogenität ist deshalb wertvoll und wichtig, um das Wissen überall dorthin zu tragen, wo es potenziell auch eingesetzt werden könnte – und das betrifft bei KI fast alle Unternehmensteile. Eine bewusste Differenzierung der Teilnehmer trägt außerdem dazu bei, das Thema in den verschiedenen Bereichen des internen Unternehmensnetzwerks dauerhaft zu etablieren. Dies ist wichtig, um die Kreativität anzuregen, aber auch um häufig vorhandene Vorbehalte und Ängste bei den Mitarbeitern abzubauen.
Grundlagen vermitteln
Es geht zu Beginn deshalb nicht um die Tiefe des vermittelten Wissens; es sollen keine Python[2]-Programmierer tiefer neuronaler Netze ausgebildet werden.
Entscheidend für den Erfolg der ersten Schritte in dieser neuen und sehr breit anwendbaren Technologie ist, dass mehreren Personen aus unterschiedlichen Bereichen und Funktionen ein guter Überblick über die einzelnen Teil-Disziplinen künstlicher Intelligenz vermittelt wird. Dazu gehören das Verständnis für die grundsätzliche Funktionsweise, die heute existierenden und bereits absehbaren Anwendungen am Markt sowie das Wissen um die ersten wichtigen Schritte, die es zu gehen gilt, will man eine dieser Anwendungen im eigenen Unternehmen einsetzen.[3]
Ziel muss es deshalb anfänglich sein, diese weitreichenden Potenziale zu vermitteln, Beispiele zu präsentieren und zu diskutieren, um diese damit kreativ auf die eigene Organisation und Prozesse, das eigene Geschäftsmodell und das eigene Angebot übertragen zu können[4].
Planung erstellen
Eine gute Vorstellung über die Zukunft dieser Technologie und der mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die eigene Branche ist deshalb so wichtig, da ein Ziel dieser ersten Phase sein sollte, eine mindestens grobe Planung der Aktivitäten zu erstellen, was in welchem Bereich mit welcher Intensität betrieben werden sollte, um die sich bietenden Chancen zu nutzen bzw. die Risiken zu vermindern. Ein solcher Plan ist in agilen Zeiten natürlich nie in Stein gemeißelt, aber es ist wichtig in einem so dynamischen Thema immer eine aktuelle Vorstellung zu haben, was zu tun ist und wie die das eigene Geschäftsmodell und die Stellung der eigenen Organisation Rolle im Zeitalter der künstlichen Intelligenz definiert werden soll, selbst wenn sich diese Vorstellung mit der Weiterentwicklung von Technologie und Markt ebenso dynamisch anpassen muss. Die Priorisierung der geplanten Aktivitäten bildet die Grundlage für Phase II des KI-Prozesses.
Phase II: Bestehendes & Neues
Das Besondere an der künstlichen Intelligenz ist, dass wir uns mitten in einer Revolution befinden, die zwar bereits vor Jahrzehnten begann, aber erst jetzt ihr volles Potenzial offenbart. Aufgrund dieser Situation bietet sich für den nächsten Schritt ein zweigeteiltes Vorgehen an.
(1) Bestehende Lösungen adaptieren
Bereits seit Mitte des letzten Jahrhunderts wird über KI immer wieder in schwankender Intensität gesprochen. Und fast genauso lange werden schon Anwendungen dafür entwickelt.
Jedoch dauerte es noch Jahrzehnte bis die erforderliche Technik – u.a. die Prozessorgeschwindigkeiten oder die globalen Datenübertragungsraten – soweit waren, um die entsprechenden Modelle auch auf breiter Basis technisch realisieren zu können. Und letztlich hat uns erst das dominierende Thema der letzten Jahre – die Digitalisierung – als Gesellschaft so weit gebracht, damit Akzeptanz, Verständnis und auch die individuelle Infrastruktur sich so üppig verbreitet haben, um nun auch Anwendungen für den Massenmarkt sinnvoll zu machen.
Betrachtet man die ersten zwei Jahrzehnte dieses Jahrtausend, so hat sich die Entwicklung von KI- Technologien auch sukzessive von den Big Playern mit den großen Cloud Computing Lösungen und den hochtrainierten neuronalen Netzen emanzipiert und es treten immer mehr kleine und große Anbieter auf den Markt, die von den Standard-KI-Lösungen (wie bspw. Bilderkennung) bis zu hoch spezialisierten Anwendungen (Qualitätssicherung u.ä.) viele wertvolle Angebote präsentieren können. Der Markt strukturiert sich hierbei erst nach und nach und erscheint deshalb noch etwas intransparent, auch weil es bei einigen Anbietern und Angeboten noch an Langzeiterfahrungen mangelt.
Umso mehr gilt es für Unternehmen, sich im Wettbewerb die Aufgabe zu stellen, passende verfügbare Lösungen (1) zu finden, (2) zu bewerten, (3) auszuwählen und (4) zu implementieren. Die Potenziale sind durch Kostensenkungen, Effizienz- oder Qualitätssteigerungen im Rahmen der eigenen Produktion, Organisation und Administration so umfangreich vorhanden, dass diese Adaptierung hoch aktueller Lösungen bereits jetzt deutliche Vorteile im Wettbewerb bereithalten kann. Die Ansprüche an Know-How und technisches Verständnis sind dabei noch recht überschaubar, vor allem, weil solche Anwendungen überwiegend am Markt eingekauft werden und vortrainierte KIs enthalten.
Die größte Herausforderung könnte eher die Kapazität bei den Anbietern sein oder deren qualitative Auswahl, denn der Markt wird auf absehbare Zeit ein Anbietermarkt bleiben.
(2) Eigene KI-Anwendungen entwickeln
Auch aufgrund dieser Marktsituation sollten im zweiten Teil von Phase 2 mehrere Initiativen gestartet werden, welche im Rahmen des eigenen Angebots von Produkten und Dienstleistungen die Potenziale identifiziert, die der Einsatz von künstlicher Intelligenz hier bereithält.
Der für beide Aufgaben erforderliche Kompetenzaufbau wurde auf breiter Basis bereits in Phase 1 gestartet. Nun gilt es spezifisch relevante Kompetenzen aufzubauen, sinnvollerweise unterstützt und ergänzt durch externe Kompetenzträger. Im Gegensatz zu der Adaption bestehender Lösungen für Administration, Organisation und Produktion (Phase II.1) fokussiert sich die Aufmerksamkeit hier auf das eigene Geschäftsmodell und Angebot. Ein solcher Prozess muss deshalb immer im Rahmen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens betrieben werden und sich in eine langfristige Vision der Unternehmensentwicklung harmonisch einfügen. Die Frage sollte dabei frühzeitig und ernsthaft gestellt werden, ob es sinnvoll oder gar erforderlich sein kann, die Technologie der künstlichen Intelligenz zum Teil der Gesamtstrategie zu machen, abhängig von vielen internen und externen Faktoren (Markt, Wettbewerb und Ausblick) die es dafür gut aufzuschlüsseln und auf Entscheider-Ebene zu bewerten gilt.
Eine solche strategische Einordnung der eigenen KI Initiativen darf dann auch Grundlage für die Verstetigung und dauerhafte Etablierung des Themas in der eigenen Organisation sein (Phase III).
Phase III: Kontinuierlicher KI-Prozess
Die genaue Ausgestaltung von Phase III hängt schließlich stark von den Erkenntnissen der Phasen I und II ab. Ziel ist die Verstetigung des Themas innerhalb des Unternehmens. Neben allen bereits angestoßenen Aktivitäten erscheint es sinnvoll, eine zentrale Verantwortung dafür zu definieren, das Thema der künstlichen Intelligenz dauerhaft zu verfolgen. Dies muss ein kontinuierliches Monitoring von Markt und Wettbewerb beinhalten, um fortlaufend neue Potenziale und Gefahren frühzeitig zu erkennen. Außerdem sollte der Aufbau einer breiten Kompetenz – abhängig von der gewählten Strategie – nachhaltig betrieben werden. Eine Konkurrenz um Talente ist dabei auf lange Zeit zu erwarten. Sinnvolle Lösungen sollten zügig adaptiert und implementiert werden. Ein internes Change-Team könnte hier erforderlich Kompetenzen sinnvoll bündeln und gezielt durch externe Kompetenzträger, die nahe an Markt und technologischen Entwicklungen agieren, unterstützt werden.
Es ist eine sehr spannende Zeit, in der wir uns befinden und es wird nur noch spannender werden in den kommenden Jahren. Um dieser Spannung aber das Ungewisse zu nehmen und sich an den Weiterentwicklungen zu erfreuen, weil man sie produktiv für den eigenen unternehmerischen Erfolg nutzt, muss man heute aktiv werden.
Denn die Zukunft beginnt genau jetzt...
[1] KremerMC bietet hierfür ein Seminar als Workshopreihe an. Weitere Informationen dazu finden Sie auf www.kremer-mc.com/ki-seminar oder per Email an KI-Seminar@kremer-mc.de.
[2] Aktuell beliebte Programmiersprache, welche verstärkt im Bereich KI zum Einsatz kommt.
[3] Mehr Informationen dazu unter www.kremer-mc.com/ki-seminar
[4] Durch Innovations- und Kreativitätstechniken. Deren Anwendung trägt speziell zu einem tiefen Verständnis der Funktionsweise und Potenziale bei. Vergleiche Modul 2 im KremerMC KI-Seminar.
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